Das Schatzhaus des Atreus mit einem Aha!
In Zeiten der medialen Bilder- und Datenschwämme, in welchen sich die Museen auf ihre ureigensten Eigenschaften wie Sammeln, Bewahren und Erforschen von realen Gegenständen besinnen müssen, dringen die Anfänge der Museen als Wunderkammern und Schatzhäuser der Spätrenaissance und des Barock wieder in unser Bewußtsein. Die umfangreiche Sammlung des Wien Museum mit ihren vielen und unterschiedlichen Themenbereichen erinnert uns an ein Schatzhaus auf dem Karlsplatz. Allerdings erscheint es uns durch seine städtebauliche Position fast, als sei es dort vergessen worden.
Aus Respekt vor dem denkmalgeschützten Bestandgebäude von Oswald Haerdtl von 1959 mit seiner klaren Ästhetik der Nachkriegszeit und dem eigentlichen Anspruch des Museums die wechselhafte Geschichte der Stadt darzustellen, sieht der Entwurf vor, nicht mit einen neuen Stadtbaustein in den Stadtgrundriss einzugreifen, sondern mit landschaftlichen Mitteln zu reagieren. Der Karlsplatz selbst hat die letzten Jahre hauptsächlich landschaftliche Interventionen erfahren, welche sich durch Inseln von Baumgruppen und Rasenflächen darstellen. Der Entwurf sieht vor einen „Hügel“ aufzuschütten, unter welchem sich, dem Schatzhaus des Atreus in Mykene gleich, der Erweiterungsbau verbirgt. Diesem „Hügel“ umgibt eine tieferligende und nur für die Besucher des Museums zugängliche Platzabfolge, welcher unmerklich mit einem der Gartenkunst entlehnten Aha vom öffentlichen Karlsplatz getrennt wird.
Das Bild der Platzabfolge wird im weiteren Verlauf des Entwurfs zum Leitmotiv entwickelt. Zum Ausgleich der auf dem Karlsplatz verloren gegangenen Fläche wird auf dem Bestandgebäude ein öffentlich begehbarer Dachgarten in Form eines geschwungenen „Skywalk“ angeboten. Zugänglich ist diese „Piazza“ sowohl über einen außenliegenden, öffentlichen Aufzug auf der Rückseite des Museums als auch für die Museumsbesucher über die Ausstellungsräume selbst. Dieser Bereich soll zum Verweilen einladen und Passanten neugierig auf das Museum machen. Umgekehrt können Museumsbesucher sich das gerade Angeeignete durch den Blick auf die Stadt anschaulich machen.
Der historische Haupeingang bleibt erhalten und durch das Foyer mit den Ticketschaltern und der Informationsbereichen gelangen die Besucher in den Innenhof. Dieser überdachte Museumsinnenhof wird zum zentralen Platz des Museums. Von hier aus wird das gesamte Museum mit seinen unterschiedlichen Bereichen erschlossen. So wird unter dem Flügel des Bestandsbaus hindurch eine Platzfolge, einer Kasakade gleich, geschaffen, über welche der Erweiterungsbau mit den jeweiligen Ausstellungs- und Veranstaltungsbereiche durch vorgelagerte Plätze erschlossen werden. Diese Abfolge der Plätze und Ausstellungsflächen sowie Veranstalungsräume reicht bis hinunter auf die Ebene der Kanäle. Durch ein Fenster mit Blick direkt in die Kanalisation wird symbolisch Bezug auf den Film „Der dritte Mann“ und das Bildergedächtnis der Stadt Wien genommen. Dies bildet den Schlusspunkt des Museumsrundgangs.
Die Erweiterung des Wien Museum wird als ein Schatzhaus unterhalb des Karlsplatz konzipiert. Die neuen Ausstellungsbereiche werden dabei umspielt von einer Abfolge von Plätzen, welche durch einen Aha unmerklich vom öffentlichen Bereich des Karlsplatz getrennt ist. Der Karlsplatz umfließt den Erweiterungsbau und findet seinen Höhepunkt auf dem Dach des bestehenden Haerdtl Gebäudes.